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Schützen Sie die Einheit und Vielfalt der Schweiz!

Schützen Sie die Einheit und Vielfalt der Schweiz!

Ich wurde eingeladen, am 31. Juli in Venthône und am 1. August in Finhaut eine Rede zum Nationalfeiertag zu halten. Ich habe mich entschieden, den Schwerpunkt auf die Gefahren der Desinformation zu legen, die bis in die Korridore des Bundeshauses immer präsenter wird, sowie auf die Vision einer Gesellschaft, in der das Glück nicht vom übermässigen Konsum abhängt, sondern von den Werten der Einfachheit und Genügsamkeit. Ich freue mich, ihn hier teilen zu können.

"Liebe Landsleute, liebe Freunde, liebe Behördenvertreter,

Ich möchte der Entwicklungsgesellschaft danken, dass sie mich eingeladen hat, die traditionelle 1. August-Rede hier in Finhaut zu halten. Es ist mir eine Ehre, in dieser Gemeinde und im Trienttal sprechen zu dürfen, die ich während meiner Ferien kreuz und quer zu durchstreifen pflege.

Wir sind heute Abend hier, um gemeinsam den Schweizer Nationalfeiertag zu begehen, einen Tag, der uns nicht nur an unsere gemeinsame Geschichte erinnert, sondern auch an die Werte, die uns vereinen und die unser Land stark machen.

 

Eine Geschichte von Freiheit und gegenseitiger Hilfe

Vor mehr als sieben Jahrhunderten, im Jahr 1291, trafen sich die Vertreter der Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden, um den Bundesbrief zu unterzeichnen. Dieser Gründungsakt, ein Symbol der Freiheit und der gegenseitigen Unterstützung, markierte den Beginn unserer Eidgenossenschaft. Als die Schweiz 1815 das Wallis in ihre Mitte aufnahm, erweiterte sie nicht nur ihre Grenzen, sondern bereicherte auch ihr gemeinsames Erbe und bewies damit, dass die Einheit in der Vielfalt eine Quelle der Stärke und des Wohlstands ist. Gemeinsam bauen wir weiterhin an einer inklusiven Schweiz, in der jeder Kanton, jede Gemeinde und jeder Einzelne, unabhängig von Geschlecht, Alter, Hautfarbe oder sexueller Orientierung, seinen Platz hat und zum Gemeinwohl beiträgt.

Seit 1891, dem Jahr, in dem anlässlich des 600. Jahrestags des Bundesbriefs beschlossen wurde, den Nationalfeiertag am 1. August zu begehen, ehren wir jedes Jahr dieses Erbe, diesen starken Willen zur Unabhängigkeit und Solidarität, der unser Land nach wie vor leitet.

 

Demokratie durch Desinformation bedroht

Unser einzigartiges politisches System ist eine der größten Stärken der Schweiz. Die halbdirekte Demokratie ermöglicht es jedem Bürger, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen, nicht nur durch die Wahl von Vertretern, sondern auch durch die direkte Beteiligung an Entscheidungen über Initiativen und Referenden. Diese Nähe zwischen Volk und Macht garantiert eine transparentere und verantwortungsvollere Regierungsführung, die den Wünschen jedes Einzelnen besser entspricht. Wir sollten stolz auf diese Besonderheit sein, die es uns ermöglicht, unsere Zukunft auf kollektive und demokratische Weise zu gestalten.

Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, die Gefahren, die unsere demokratische Kultur bedrohen, zu erkennen und sich gegen sie zu wappnen. Die Verbreitung von Falschinformationen, sogenannten Fake News, oder von Audio- und Videoinhalten, die mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt oder verändert wurden, sogenannten Deepfakes, stellt eine echte Bedrohung für die Transparenz und das Vertrauen dar, die das Herzstück unseres politischen Systems sind. Sie kann Verwirrung stiften, unsere Gesellschaft spalten und Entscheidungsprozesse in unzulässiger Weise beeinflussen.

In der Schweiz, wo jede Stimme zählt und jeder Bürger die Macht hat, die Politik zu gestalten, ist der Schutz der Integrität der Informationen von entscheidender Bedeutung. Es ist unsere kollektive Pflicht, die Medienkompetenz zu fördern, Qualitätsjournalismus zu unterstützen und gegenüber neuen Formen der Desinformation wachsam zu bleiben. Indem wir unsere Abwehrkräfte gegen Falschinformationen und manipulierte Audio- und Videoinhalte stärken, erhalten wir die Gesundheit unserer Demokratie und stellen sicher, dass die öffentliche Debatte weiterhin auf wahren Fakten und einer ehrlichen Diskussion beruht.

 

Der Einfluss von Lobbys und der Stellenwert der Wissenschaft

Was diesen letzten Punkt betrifft, so lässt mich meine Erfahrung in Bern ziemlich nachdenklich zurück:

Lobbyisten aller Art laufen ungehindert durch die Korridore des Bundeshauses und verbreiten Informationen, die nicht immer korrekt und vor allem parteiisch und unvollständig sind.

Im Gegensatz dazu werden Wissenschaftler oft schlecht empfangen, wenn sie kommen, um ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren, die beispielsweise zeigen, dass die Schweiz in Bezug auf die Biodiversität das Schlusslicht in Europa bildet, da die Hälfte der natürlichen Lebensräume und ein Drittel der Arten bedroht sind, oder dass die menschliche Aktivität für den Klimawandel und die Zunahme von Extremereignissen verantwortlich ist, wie wir es leider gerade wieder mit den Überschwemmungen dieses Sommers bestätigt bekommen haben.

Die Schweizer Hochschulen produzieren wichtiges und nützliches Wissen, das vermehrt als Grundlage für die Entscheidungsfindung in der Politik und in der Bevölkerung dienen sollte.

 

Geopolitische Herausforderungen und die Bedeutung von Solidarität

Wir dürfen auch nicht die Herausforderungen vergessen, denen sich unser Land in einem sich ständig verändernden geopolitischen Umfeld stellen muss. Globalisierung, Wirtschaftskrisen, internationale Spannungen und Umweltfragen sind allesamt Faktoren, die sich auf unseren Alltag und unsere Zukunft auswirken. Die Schweiz hat als neutrale und wohlhabende Nation eine wichtige Rolle auf der internationalen Bühne zu spielen.

Unser Engagement für Frieden, Diplomatie und internationale Zusammenarbeit ist von entscheidender Bedeutung. Wir müssen unsere Werte des Dialogs, des Respekts und der Solidarität weiterhin über unsere Grenzen hinweg verteidigen, trotz der Entmutigung, die manchmal aufkommen kann, wenn Konflikte festgefahren sind und unlösbar erscheinen oder wenn unsere diplomatischen Bemühungen nicht sofort von Erfolg gekrönt sind.

Die Versuchung mag groß sein, dass wir uns lieber in uns selbst verkriechen und das Interesse an den globalen Herausforderungen verlieren. Dabei wird jedoch übersehen, dass diese Herausforderungen in einer so globalisierten Gesellschaft und Wirtschaft wie der Schweiz natürlich auch zahlreiche Auswirkungen auf unser Land haben, wie wir bei der COVID-19-Pandemie oder dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine gesehen haben.

Glück bedeutet nicht, zu konsumieren

Wie Sie wissen, ist mein politisches Engagement stark mit der Frage verbunden, wie der Mensch mit der Natur umgeht. In diesem Zusammenhang würde ich mir wünschen, dass es uns gelingt, uns mehr in Richtung einer Gesellschaft zu bewegen, die auf den Werten der Einfachheit und Genügsamkeit basiert.

Technologische Innovationen und strengere gesetzliche Vorschriften sind zwar notwendig, aber ich bin davon überzeugt, dass sie ohne einen Wertewandel in Bezug auf die Konsumgesellschaft nicht ausreichen werden, um die ökologischen Herausforderungen zu bewältigen.

Ich bin immer wieder überrascht, dass unsere Kinder vor allem durch die Schule immer mehr für Umweltfragen sensibilisiert werden, gleichzeitig aber täglich mit Werbebotschaften bombardiert werden, die ihnen eine einfache Botschaft vermitteln: "Wenn du glücklich sein willst, konsumiere!".

Um aus dieser Schizophrenie herauszukommen, ist ein Wertewandel erforderlich.

Wir müssen unser Verlangen umerziehen, uns von der allgegenwärtigen Werbung befreien und verstehen, dass der Besitz von Gegenständen und der Konsum auf Teufel komm raus kein Garant für Glück ist. Glück kommt vielmehr von der Qualität unserer emotionalen Beziehungen, der gemeinsamen Liebe, der Verwirklichung unserer tiefen Sehnsüchte, einem Leben in guter Gesundheit und der Qualität unserer Erfahrungen, insbesondere in der Natur.

Glück lässt sich nicht durch den Besitz von materiellen Gütern erkaufen, sondern wird durch unsere sozialen Beziehungen aufgebaut.

Aufbau einer starken und gerechten Schweiz

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Freunde, die Schweiz hat dank ihres Zusammenhalts, ihres Initiativgeistes und ihrer Fähigkeit, sich neu zu erfinden, schon immer Hindernisse überwunden. Lassen Sie uns diese Qualitäten auch weiterhin pflegen, unsere Solidarität stärken und unser demokratisches Modell fördern. Und versuchen wir, uns von den Sirenen des Konsumismus zu befreien und unsere Lebensweise einfacher zu gestalten. Gemeinsam können wir eine noch stärkere, gerechtere Schweiz aufbauen, die unseren Planeten und das Wohlergehen unserer Kinder respektiert.

Ich wünsche Ihnen allen einen fröhlichen Nationalfeiertag.

Nemos Sieg soll uns für die Nicht-Binarität öffnen

Nemos Sieg soll uns für die Nicht-Binarität öffnen

Als Nemo im Mai letzten Jahres den Eurovision Song Contest gewann, verhalf er der Schweiz zu internationalem Glanz. Während die Medienberichterstattung über das Ereignis zunächst festlich war und von einem gewissen Stolz auf den Sieg zeugte, räumte sie der Frage der Geschlechtsidentität schnell einen großen Raum ein. Nemo, der offen behauptet, nicht-binär zu sein, bietet uns die Gelegenheit, die Frage der Anerkennung der Nicht-Binarität auf die Agenda des Schweizer Parlaments zu setzen.

 

100'000 bis 150'000 nicht-binäre Menschen in der Schweiz

Aber was ist eigentlich Nicht-Binarität? Sie betrifft alle Personen, deren innere und individuelle Erfahrung mit dem Geschlecht nicht binär ist, d. h. nicht ausschließlich weiblich oder männlich. In seinem Lied erzählt Nemo von seinem komplizierten Weg, sich selbst zu akzeptieren und mit der Geschlechtsidentität zu leben, die seiner Person wirklich entspricht. Die Nicht-Binarität wird nicht nur immer besser verstanden, sondern auch von der Bevölkerung zunehmend akzeptiert. Das ist erfreulich, denn laut dem Bericht der Nationalen Ethikkommission von 2020 leben in der Schweiz zwischen 100'000 und 150'000 nicht-binäre Menschen, das sind ungefähr so viele Menschen wie die Stadt Bern hat.

Die Rechtswirklichkeit in der Schweiz ist jedoch nach wie vor unbefriedigend. Das Funktionieren des Staates, der die Grundlagen des gesellschaftlichen Lebens regelt, ist binär aufgebaut, was sich auch auf die Institutionen und Infrastrukturen des Landes auswirkt. Nicht-binäre Menschen leiden täglich unter einem enormen Anpassungsdruck und sind mit diskriminierendem Verhalten konfrontiert.

Die Anerkennung der Nicht-Binarität ist eine Frage der Menschenwürde und der Garantie der Freiheit, man selbst zu sein.

Angesichts dieser Realität verschließt der Bundesrat die Augen und will nichts ändern. In einer Ende 2022 veröffentlichten Mitteilung behauptete er, dass die "gesellschaftlichen Bedingungen" für die Einführung eines dritten Geschlechts oder den Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Zivilstandsregister "noch nicht gegeben" seien.

 

Auf dem Weg zur Anerkennung eines dritten Geschlechts

Zwar dient das Geschlecht in einer Reihe von Bereichen wie dem Militärdienst, dem Sozialversicherungsrecht und dem Familienrecht noch immer als Bezugspunkt. Die Anerkennung eines dritten Geschlechts erfordert daher mehrere Anpassungen der bestehenden Gesetze, aber das ist an sich nichts Kompliziertes und Gesetzesrevisionen gehören in demokratischen Ländern zum Alltag. Im Übrigen haben bereits viele Länder, darunter die USA, Deutschland, Dänemark, Argentinien und Kanada, die Möglichkeit eingeführt, ein drittes Geschlecht im Personenstandsregister einzutragen, ohne dass dies zu großen administrativen Schwierigkeiten geführt hätte. Die Einführung der Möglichkeit, im Personenstandsregister die Option "divers" zu wählen, ist zwar ein wichtiger Schritt, um nicht-binäre Menschen vollständig in die Gesellschaft einzubeziehen, aber es ist vor allem eine Frage der Menschenwürde und der Gewährleistung der Freiheit, man selbst zu sein.

Auch wenn Nemos Sieg in erster Linie der Sieg einer qualitativ hochwertigen musikalischen Darbietung war, die unabhängig von der Frage der Nicht-Binarität war, wird er den lobenswerten Effekt gehabt haben, eine nationale Debatte über diese Frage und über die Notwendigkeit, nicht-binäre Menschen endlich anzuerkennen und zu akzeptieren, in Gang gesetzt zu haben. Nun ist es an den Parlamentariern, zu handeln, um pragmatische Lösungen zu finden, die es nicht-binären Menschen ermöglichen, sich nicht diskriminiert zu fühlen.

 

 

Alle meine parlamentarischen Interventionen und Themen

Zwei Gesundheitsinitiativen: Prämienverbilligung oder Zweiklassenmedizin?

Zwei Gesundheitsinitiativen: Prämienverbilligung oder Zweiklassenmedizin?

Am 9. Juni gibt es zwei Initiativen, die unser Gesundheitssystem verändern könnten. Wie kann man dafür stimmen, dass das Gesundheitswesen nicht länger eine Last ist?

Ja zu einer besseren Verteilung der Last der Krankenkassenprämien

 

Die erste Initiative, die sogenannte "Prämienverbilligungsinitiative", verlangt, dass die Krankenversicherungsprämien subventioniert werden, damit sie 10% des verfügbaren Einkommens eines Haushalts nicht übersteigen.

Diese Maßnahme ist für die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit und Zugänglichkeit des schweizerischen Gesundheitssystems von entscheidender Bedeutung. Das aktuelle System belastet Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen unverhältnismäßig stark, da es für sie immer schwieriger wird, die Krankenversicherungsprämien zu bezahlen. Durch die Begrenzung dieser Prämien auf 10% des Einkommens will die Initiative sicherstellen, dass jeder Bürger Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung hat, ohne seine finanzielle Situation zu gefährden, und so die soziale Ungerechtigkeit im Gesundheitswesen verringern.

"Zwischen 15 und 25% der Menschen in der Schweiz haben schon einmal aus finanziellen Gründen auf eine notwendige medizinische Versorgung verzichtet."

Es ist in der Tat alarmierend, dass je nach Studie zwischen 15 und 25% der Menschen in der Schweiz bereits aus finanziellen Gründen auf eine notwendige medizinische Versorgung verzichtet haben, und viele von ihnen wählen ein Krankenversicherungsmodell, das nicht ihren gesundheitlichen Bedürfnissen entspricht, mit der Logik, so wenig wie möglich zu bezahlen. Dieser Trend wird sich wahrscheinlich noch verschärfen, wenn keine konkreten Maßnahmen ergriffen werden, um die Gesundheitsversorgung erschwinglicher zu machen.

Die Initiative kann direkt dazu beitragen, eine solche Verschlechterung zu verhindern, indem sie Krankenversicherungen zugänglicher macht und verhindert, dass sich die Bürger zwischen Gesundheit und wirtschaftlicher Stabilität entscheiden müssen. Sie ist daher ein wesentlicher erster Schritt hin zu einem gerechteren Gesundheitssystem.

Die Ungerechtigkeit ist umso größer, als es bei den Subventionen für Krankenkassenprämien große interkantonale Unterschiede gibt, obwohl die Bedürfnisse für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen ähnlich sind. Eine Harmonisierung dieser Subventionen auf Bundesebene würde sicherstellen, dass alle Menschen in der Schweiz die gleiche bedarfsgerechte Unterstützung erhalten.

Die Annahme dieser SP-Initiative wäre ein wichtiger Schritt, um die Haushalte der Mittelschicht zu entlasten. Und würde ein klares Zeichen an das Parlament setzen, das demnächst über die Motion entscheiden muss, die die Grünen im Juni 2023 eingereicht haben: eine Prämienhöhe, die sich nach dem Einkommen und dem Vermögen der Haushalte richtet.

"Unterstützen Sie eine gerechte Verteilung der Prämien für ein Gesundheitssystem, das für alle zugänglich ist. JA zur Prämienverbilligungsinitiative".

 

Nein zu einer Zwei-Klassen-Medizin

Die zweite Initiative "Für tiefere Prämien. Kostenbremse im Gesundheitswesen" wurde von Le Centre eingereicht.

Hinter diesem verlockenden Titel verbirgt sich eine gefährliche Initiative, die den Weg zu einer Zweiklassenmedizin ebnet. Die Annahme der Initiative würde dazu führen, dass die Grundversicherung bestimmte Leistungen ausschließt, um die Kosten unter Kontrolle zu halten, und die nicht gedeckten Behandlungen den Patienten oder teureren Zusatzversicherungen überlässt. Dies hätte zur Folge, dass sich nur die wohlhabendsten Patienten eine bessere oder schnellere Behandlung leisten könnten.

"Wenn die Initiative für eine Kostenbremse angenommen wird, könnte der Bund ab 2027 1,2 Milliarden einsparen, auf Kosten von 12.000 Stellen, die abgebaut werden."

Darüber hinaus würde diese Initiative zu einem unerträglichen Druck auf das Pflegepersonal führen. Eine Kostendeckelung ohne Steigerung der Effizienz oder der Ressourcen könnte Burnout und den Mangel an qualifiziertem Personal verschärfen und damit die Qualität der erbrachten Pflegeleistungen gefährden. Die Westschweizer Ärztegesellschaften haben die Auswirkungen der Initiative berechnet. Sollte das Volk den Text annehmen, müsste der Bund ab 2027 1,2 Milliarden einsparen, was dem Abbau von 12'000 Stellen im Pflegebereich entspricht, und dies in einer Zeit, in der der Bedarf aufgrund der Alterung der Bevölkerung und der Zunahme der Prävalenz chronischer Krankheiten steigt.

Ebenso würde, wenn diese Initiative im Jahr 2000 umgesetzt worden wäre, ein Drittel der heutigen Leistungen nicht mehr erstattet werden, was die Qualität des Gesundheitssystems erheblich gefährden würde und sich zweifellos negativ auf die Lebenserwartung der Bevölkerung auswirken würde.

Das Absurdeste an dieser Initiative bleibt die Tatsache, dass die Gesundheitskosten mit der Entwicklung der Wirtschaft und der Löhne verknüpft werden. In der Tat haben die letzten Jahre die starken Schwankungen der Weltwirtschaft und ihre Auswirkungen auf die stark von der internationalen Konjunktur abhängige Schweizer Wirtschaft deutlich gemacht. Die Gesundheitsbedürfnisse hängen jedoch nicht von den Schwankungen der Schweizer Wirtschaft ab! Was passiert in Jahren, in denen es der Wirtschaft weniger gut geht? Wird man dann auf die Gesundheitsversorgung verzichten oder die Kosten für notwendige Behandlungen nicht mehr übernehmen müssen?

Schlimmer noch: Es ist gut dokumentiert, dass der Bedarf an Gesundheitsleistungen in Zeiten der Wirtschaftskrise tendenziell steigt, da Gesundheit stark mit sozialer und materieller Unsicherheit verbunden ist. Mit dieser Initiative würde die Regierung also gezwungen sein, Maßnahmen zur Kostenkontrolle zu ergreifen, wenn der Bedarf am größten ist. Darüber hinaus ist es unmöglich, Phänomene wie die COVID-19-Pandemie vorherzusagen, die einen sehr hohen Gesundheitsbedarf verursachen würden, der durch die Rigidität einer solchen Initiative nicht gedeckt werden könnte.

 

Nach dem 9. Juni: Das System auf Gesundheit statt auf Krankheit ausrichten

Die Debatte über die Finanzierung des Gesundheitswesens ist von entscheidender Bedeutung, darf aber nicht die Notwendigkeit verdecken, unser Gesundheitssystem aus einer umfassenderen Perspektive zu überdenken. Es ist von entscheidender Bedeutung, von einem System, das hauptsächlich auf die Behandlung von Krankheiten ausgerichtet ist, zu einem wirklich gesundheitsorientierten System überzugehen. Dies bedeutet eine stärkere Fokussierung auf Prävention und Gesundheitsförderung. Anstatt die Ressourcen ausschließlich auf die Heilung zu konzentrieren, sollte ein reformiertes Gesundheitssystem die Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung priorisieren.

Dies könnte durch höhere Investitionen in Präventionsprogramme wie Gesundheitserziehung im frühen Kindesalter, Bekämpfung jeglicher Form von Umweltverschmutzung, Abbau von Ungleichheiten, Förderung von körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung geschehen. Diese Maßnahmen würden durch die Verringerung der Inzidenz chronischer Krankheiten und anderer vermeidbarer Leiden die Nachfrage nach akuten und spezialisierten Pflegediensten senken und gleichzeitig die allgemeine Lebensqualität der Bevölkerung verbessern.

Parallel dazu ist es zwingend erforderlich, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit als grundlegende Säulen des Gesundheitssystems zu betrachten. Die mit der Gesundheitsversorgung verbundenen finanziellen Kosten sind wohlbekannt, die sozialen und ökologischen Auswirkungen jedoch weniger. So erzeugt die Gesundheitsindustrie beispielsweise eine erhebliche Menge an Abfall und verbraucht große Mengen an Energieressourcen. Einen nachhaltigeren Ansatz zu verfolgen, könnte bedeuten, medizinische Abfälle zu reduzieren, Behandlungen zu optimieren, um umweltfreundlichere und langlebigere Produkte zu bevorzugen, und ökologische Kriterien in die Ausschreibungen des Gesundheitssektors einzubeziehen.

Aus sozialer Sicht sollte ein gerechtes Gesundheitssystem sicherstellen, dass jeder Mensch, unabhängig von seinem sozioökonomischen Status, Zugang zu derselben hochwertigen Versorgung hat. Dies erfordert politische Maßnahmen, die über einfache Anpassungen der Versicherungsprämien hinausgehen und strukturelle Ungleichheiten angehen, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung beeinträchtigen.

Letztendlich wird ein Gesundheitssystem, das um diese Schwerpunkte herum neu konzipiert wird, nicht nur gerechter und nachhaltiger, sondern auch effektiver sein, indem es den Druck auf die Gesundheitsdienste mindert und die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung verbessert.

Ein von Lobbys durchsetztes Parlament

Wir brauchen ein starkes Gesundheitssystem, um die demografischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts zu bewältigen. Leider ist jede Reform des Gesundheitssystems im Parlament fast unmöglich durchzusetzen, da die Lobbyisten mit aktiver Komplizenschaft der zahlreichen Parlamentarier, die Interessenbindungen zu den Akteuren des Gesundheitswesens haben, einen Status quo aufrechterhalten, der weder den Bürgerinnen und Bürgern, noch den Patientinnen und Patienten oder den Beschäftigten im Gesundheitswesen nützt.

Folglich muss der Souverän, das Volk, weiterhin die politische Agenda in Gesundheitsfragen diktieren, wie es in den letzten Jahren mit den Initiativen für eine starke Krankenpflege, dem Verbot der Tabakwerbung bei Minderjährigen, den verschiedenen COVID-Gesetzen, der Integration der Komplementärmedizin oder der Förderung der Grundversorgung gelungen ist.

Am 9. Juni haben die Bürgerinnen und Bürger erneut die Gelegenheit, die Politik zu einem gerechteren und nachhaltigeren Gesundheitssystem zu führen, indem sie die Initiative für Prämienverbilligung unterstützen und die Initiative für eine Kostenbremse im Gesundheitswesen ablehnen.

Zu meinen parlamentarischen Vorstößen und Themen

 

Investitionen in Gaskraftwerke: eine Verschwendung öffentlicher Gelder

Investitionen in Gaskraftwerke: eine Verschwendung öffentlicher Gelder

Stromknappheit im Winter droht: investitionen in Effizienz und erneuerbare Energien statt in den Bau von Reserve-Gaskraftwerken

Als die Motion "Keine Gasreservekraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung" vor zwei Jahren eingereicht wurde, plante der Bundesrat die Inbetriebnahme von Gasreservekraftwerken. Ziel war es, eine mögliche Stromknappheit im Winter nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und den daraus resultierenden Versorgungsengpässen auszugleichen. Seitdem wurden die Kraftwerke Birr, Cornaux und Monthey mit Verträgen bis zum Frühjahr 2026 in Betrieb genommen, aber glücklicherweise musste man bisher nicht auf sie zurückgreifen.

 

Nicht gesetzeskonform und unbegründete Drohung

Inzwischen hat das Bundesamt für Energie im letzten Sommer die erste Ausschreibung für Reservekraftwerke nach 2026 veröffentlicht. Es ist geplant, Verträge zu unterzeichnen, damit diese Kraftwerke 15 Jahre lang, also bis 2041, in Betrieb bleiben!

Vor einigen Tagen kam ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Schluss, dass die Betriebsbewilligung für das Kraftwerk Birr nicht gesetzeskonform war. Der Bund hatte nämlich beschlossen, um den Betrieb des Kraftwerks zu ermöglichen, die zulässigen Grenzwerte für Stickoxid- und Kohlenmonoxid-Emissionen vorübergehend zu erhöhen.

In seinem Urteil vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht, dass das UVEK die Annahmen, auf die es sich bezüglich einer drohenden Knappheit im Winter 2022-23 stützte, nicht überzeugend dargelegt hatte. Das Gericht hält auch fest, dass der Staat angesichts der Umweltauswirkungen einer solchen Anlage den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten müsse. Das heißt, es muss geprüft werden, ob andere Lösungen, die die verschiedenen Interessen besser berücksichtigen, möglich sind.

Es ist unlogisch, astronomische Summen für eine mögliche zusätzliche Produktion von Strom aus fossilen Energieträgern auszugeben, anstatt das Geld in die Senkung des Stromverbrauchs oder die Produktion von mehr erneuerbarem Strom zu investieren. Es ist sogar völlig abwegig.

Dies deckt sich mit der in meiner Motion entwickelten Argumentation, dass es besser ist, in Energiesparmassnahmen oder die Förderung erneuerbarer Energien zu investieren, als Hunderte von Millionen und bald Milliarden für fossile Reservekraftwerke auszugeben, die mit grosser Wahrscheinlichkeit nutzlos sein werden. Dies könnte auf einfache Weise geschehen, indem die für die Reservekraftwerke vorgesehenen Beträge dazu verwendet werden, die finanziellen Mittel zu erhöhen, die bereits bestehenden Programmen wie EnergieSchweiz, dem Gebäudeprogramm, ProKilowatt oder auch ProNovo zur Verfügung stehen.

 

Verschwendung von öffentlichen Geldern

Investitionen in die Senkung des Stromverbrauchs oder die Erhöhung der Produktion von erneuerbarem Strom würden eine Verbesserung der Versorgungssicherheit bewirken und gleichzeitig die Nachfrage senken, aber auch das Angebot nachhaltig erhöhen. Das gleiche Geld, das in Reservekraftwerke investiert wird, führt zu keiner Verbesserung der Situation und ist eine echte Verschwendung öffentlicher Gelder.

 

Zu meinen parlamentarischen Vorstößen und Themen

 

Wehren wir uns gegen schädliche kommerzielle Werbung!

Wehren wir uns gegen schädliche kommerzielle Werbung!

Als Antwort auf den Black Friday und die unzähligen kommerziellen Anreize, die das Jahresende prägen, habe ich mit 160 weiteren Mitunterzeichnern unter dem Impuls von Genève Zéro Pub (Genf), Sortir de la Pub (Romandie) und der IG Plakat | Raum | Gesellschaft (Zürich) einen offenen Brief zum Thema kommerzielle Werbung unterzeichnet.

Dieser Text lenkt die Aufmerksamkeit insbesondere auf die schädlichen Machenschaften von La Poste in diesem Bereich. Er befasst sich mit verschiedenen problematischen Aspekten der kommerziellen Werbung und ihren konsequenten Auswirkungen auf die Umwelt, indem sie zu übermäßigem Konsum anregt.

Er bietet auch einen Überblick über Städte und Gemeinden in der Schweiz, in denen Bürger und Politiker ihre demokratischen Rechte wahrgenommen haben, um kommerzielle Werbung im öffentlichen Raum zu beschränken.

Zu den 160 Mitunterzeichnern des Textes gehören mehr als 20 Bundesparlamentarier, 40 Kantons- und Gemeindevertreter (darunter die Bürgermeister von Genf und Vernier sowie der Bürgermeister von Vevey), werbekritische Organisationen in der Schweiz (insbesondere die FRC) und in sechs benachbarten Ländern (darunter Résistance à l'Agression Adveritaire in Frankreich, Berlin Werbefrei in Deutschland oder das Netzwerk Adfree Cities in Großbritannien) sowie Akademiker und Vertreter der Zivilgesellschaft.

Dieser offene Brief ist eine Einladung, den Stellenwert, der der Werbung eingeräumt wird, und ihre Auswirkungen auf unser Leben objektiv zu hinterfragen. 

Wehren wir uns gegen schädliche kommerzielle Werbung!
Ein Aufruf zum Black Friday 2023

Die Post drängt zum Konsum

Der Konsumismus ist die Ursache für die Klima- und Umweltzerstörung und schadet dem sozialen Zusammenhalt. Nun erhalten Hunderttausende von Schweizer Bürgern seit mehreren Jahren regelmäßig von der Schweizer Post einen Brief mit Aufklebern wie "Werbung willkommen", "Ja zur Werbung" oder "Nicht einmal Angst vor der Werbung". Die Hauswurfsendung ist mit einer Aufforderung versehen, Produktproben wie industriell hergestellte Schokoriegel zu erhalten.

Diese Sendung löste in den sozialen Netzwerken Empörung aus. Die Behörden fordern ihre Bürger auf, Energie zu sparen, sparsam zu sein und Abfälle zu recyceln. Die Schweizerische Post ruft jedoch zu übermäßigem Verbrauch und Papierverschwendung auf! Sie verharmlost auch die Auswirkungen von Plastik auf die Umwelt. Über die Berechtigung des Aufklebers "Ja zu Werbung" lässt sich streiten. Er steht im Einklang mit dem Grundsatz der Empfangsfreiheit, wie auch die Werbung im Radio und im Fernsehen, wo es jedem freisteht, seinen Fernseher ein- oder auszuschalten. Wenn man den Befürwortern von adressierter Werbung in Briefkästen glauben darf, kann der Aufkleber "Ja zur Werbung" ein Instrument gegen unerwünschte Werbung sein, das den bereits existierenden und von Umweltverbänden geförderten Aufkleber "Stop Pub" ergänzt.

Die Vereinigung Résistance à l'agression publicitaire France mahnt jedoch zur Vorsicht in dieser Frage. Angesichts der Anbringungsrate des Aufklebers "Oui pub", der derzeit in Frankreich aktiv beworben wird, kann man ihrer Meinung nach davon ausgehen, dass weit mehr als 30 % der Bevölkerung gerne einen "Stop Pub"-Aufkleber gehabt hätten.

 

Die Verantwortung der Werbebranche

Kommerzielle Werbung vermittelt noch immer häufig sexistische oder diskriminierende Vorurteile. Sie trägt zum übermäßigen Konsum bei, der wiederum die Verschuldung erleichtert. Zu den heute besonders verpönten Werbungen gehören die Werbung für fossile Brennstoffe, SUVs, Autos mit fossiler Energie und Flugreisen, aber auch die Werbung für Fast-Fashion-Kleidung, Lebensmittel wie Rindfleisch und Milchprodukte sowie Luxuskreuzfahrtschiffe. Diese Güter und Dienstleistungen stoßen große Mengen an Treibhausgasen aus und tragen eine unverhältnismäßig große Verantwortung für die Klimakrise. Im Auftrag von Greenpeace Schweiz hat das Forschungsbüro Infras
festgestellt, dass bis zu 7% der Treibhausgasemissionen der Schweiz (inkl. Importe) der Werbung zuzuschreiben sind. Bei den Umweltauswirkungen sind es sogar bis zu 10%. Coop (CHF 385 Millionen) und Migros (CHF 241 Millionen) geben am meisten Geld für Werbung aus.

 

Initiativen in mehreren europäischen Ballungsräumen und Schweizer Städten

Zahlreiche Gruppierungen und Verbände in Europa und der Schweiz setzen sich dafür ein, lokale Gemeinschaften zu befähigen, Alternativen zum Konsum zu schaffen, indem sie Gemeinschaftsbeziehungen, Solidarität, öffentliche Kunst und Umweltengagement fördern. Beispiele hierfür sind das Netzwerk Adfree Cities, das zahlreiche Städte und Grafschaften in Großbritannien vereint, sowie Bürgerpetitionen, die in Hamburg und Berlin mehrere zehntausend Unterschriften gesammelt haben.

2021 entschied das Bundesgericht in einem wegweisenden Urteil, dass die Beschränkung der Außenwerbung - sowohl auf öffentlichem Grund als auch auf Privatgrundstücken, die von öffentlichem Grund aus sichtbar sind - keinen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit darstellt. Obwohl die Initiative "Genève Zéro Pub" im März an der Urne mit 51,8 % knapp abgelehnt wurde, hat sie eine lebhafte erweiterte Debatte ausgelöst, die wahrscheinlich zu einer Änderung der Praxis in diesem Bereich führen wird. Das Zürcher Stadtparlament überwies 2022 und 2023 zwei Postulate, in denen eine drastische Reduzierung der Außenwerbung gefordert wurde. Im vergangenen Frühjahr kündigten die Behörden von La Chaux-de- Fonds ihre Absicht an, das Stadtzentrum ab 2025 von kommerzieller Werbung zu befreien. Die Stadt Vevey beschloss im August, ihren
öffentlichen Raum ab 2025 nicht mehr für kommerzielle Werbung zur Verfügung zu stellen.

All dies sind erfreuliche Initiativen für eine Gesellschaft, die sich an den Nachhaltigkeitsherausforderungen von morgen orientiert!

Unterzeichner
Genève Zéro Pub, Genf
info@ouizeropub.ch
Sortir de la Pub, Romandie
info@sortir-de-la-pub.ch
IG Plakat|Raum|Gesellschaft, Zürich
info@plakat-raum-gesellschaft.ch

 

Post und Werbung

Die Post und ihr werbefreundlicher Aufkleber "Même pas peur" sorgte für einen Aufschrei in den sozialen Netzwerken