Angesichts der Zunahme extremer Wetterereignisse wie der Katastrophe von Blatten ist es lebensnotwendig, jetzt zu handeln, um den Klimawandel abzuschwächen und sich an ihn anzupassen.

Zehn Tage nach der Katastrophe, die Blatten verschlungen hat, ist man immer noch sprachlos angesichts der Macht der Naturelemente und in Gedanken solidarisch mit den Bewohnern, die alles verloren haben. Dank eines gut funktionierenden Risikomanagementsystems und der präventiven Evakuierung konnte das Schlimmste verhindert werden. Man kann nur allen Personen danken, die dieses System am Laufen halten und auch in den nächsten Wochen noch im Einsatz sein werden.

Zunahme von Extremereignissen

Was in Blatten passiert ist, der Abbruch des Birchgletschers, schockiert umso mehr, als ein ganzes Dorf verschlungen wurde. Doch dieses Drama ist kein Einzelfall. Die Schweiz erlebt seit einiger Zeit eine Häufung von Extremereignissen, wie im letzten Jahr im Val Bavona, in Brienz oder im Misox. Und das Wallis steht wie so viele andere Alpenregionen an vorderster Front. Im Jahr 2024 war es besonders stark betroffen: Saastal, Haut Val de Bagnes, Val d'Anniviers und natürlich Siders, wo mehr als 140 Personen ihr Zuhause verloren. 

"Die Berge bröckeln, weil die globale Erwärmung sie besonders hart trifft. Die Gletscher schmelzen, der Permafrostboden geht zurück und der Schnee wird immer weniger. In Verbindung mit extremen Wetterbedingungen führen diese Phänomene zu einer Zunahme der Naturgefahren im Alpenraum."


Michael Lehning, Direktor des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung.

Man hört oft: "Naturkatastrophen hat es schon immer gegeben". Das ist wahr. Aber heutzutage nehmen Häufigkeit und Intensität dieser Katastrophen explosionsartig zu, was eine direkte Folge der globalen Erwärmung ist. Im Wallis ist die Durchschnittstemperatur seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bereits um 3°C gestiegen. Wie der Direktor des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF in der neuesten Ausgabe des WSL-Magazins "Diagonale" zum Thema schreibt. Achtung Gefahr! Klimawandel und NaturgefahrenDie Berge bröckeln, weil die globale Erwärmung sie besonders hart trifft. Gletscher schmelzen, Permafrostböden bilden sich zurück, der Schnee wird knapper. Zusammen mit extremen Wetterbedingungen führen diese Phänomene zu einer Zunahme der Naturgefahren im Alpenraum."

"Ich bin davon überzeugt, dass wir weiterhin in den Bergtälern leben können - und sollten. Aber ich will keine Märchen erzählen: Wenn sich das Klima weiter erwärmt, wird dieses Leben dort immer schwieriger werden."

Christophe Clivaz

In diesem Zusammenhang ist es schockierend zu hören, dass gewisse Kreise wie Avenir Suisse oder die NZZ durch ihren Chefredakteur vorschlagen, die Unterstützung für die betroffenen Täler aufzugeben. Sollte man wirklich auf das Leben in den Bergen verzichten? Glücklicherweise hat die gesamte Walliser Delegation im Bundesparlament diese Idee entschieden zurückgewiesen. Die Alpen sind ein wesentlicher Teil unserer nationalen Identität. Es macht keinen Sinn, Stadtbewohner und Bergbewohner gegeneinander auszuspielen, wenn so viele Stadtbewohner gerade bei den Bergbewohnern Erholung suchen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir weiterhin in den Bergtälern leben können - und sollten. Aber ich will keine Märchen erzählen: Wenn sich das Klima weiter erwärmt, wird dieses Leben dort immer schwieriger werden. Schutzmaßnahmen können nicht alles ausgleichen: aus technischen, logistischen, aber auch aus finanziellen Gründen.

Und das ist nicht nur eine Angelegenheit der Berge. Auch die Flachlandgebiete haben bereits mit Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen zu kämpfen. Der Klimawandel betrifft das ganze Land.

Unangemessene Budgetkürzungen bei Maßnahmen zum Schutz vor Naturgefahren

In seinem Entlastungsprogramm 2027 sieht der Bundesrat massive Kürzungen beim Schutz vor Naturgefahren sowie beim Klimaschutz vor, zum Beispiel durch die Streichung von Subventionen für energetische Gebäudesanierungen. Das Gegenteil ist notwendig! Mehr finanzielle Mittel bereitstellen, um uns an die Zunahme von Extremereignissen anzupassen und unsere Treibhausgasemissionen schnell zu reduzieren. Dies wird für viele Bergregionen zunehmend zu einer existenziellen Frage werden. 

Christophe Clivaz